Schweigen erlaubt - aber, wie immer - gefährlich
Die Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo wurde von religiösen Fanatikern nahezu ausgerottet, weil den angeblich gottesfürchtigen Moslems einige Veröffentlichungen blasphemisch erschienen und ihr Gott Allah ihrer helfenden Hand - Feuerwaffen bedurfte, um die Sünder zu strafen.
Anständige Götter erledigen, wie die Bibel lehrt, das Bestrafen schlimmer Sünder zwar selbst - aber entweder ist Allah nicht wirklich so groß, wie uns das "Allah il Allah" glauben machen will, oder den todessüchtigen Kämpfern gegen Blasphemie fehlt es einfach an Gottvertrauen. Da wird es wohl nix mit Jungfrauen im Paradies.
Nun verspricht der Christenhimmel zwar nur eine einzige Jungfrau, auf die Verlass ist - aber die ist nicht zu haben. Für keinen. Nicht einmal Heilige werden sie anrühren dürfen, die jungfräuliche Mutter des Chefs.
Aber nicht weniger schwach im Glauben als besagte Moslems scheinen christliche deutsche Politiker schon seit langer Zeit zu sein. Sie wollen zwar nicht direkt gleich schiessen, aber das Strafen wollen sie ihrem Gott schon aus der Hand nehmen. Dieses offensichtliche Misstrauen gegenüber ihrem Gott gießen sie in Gesetze.
Die Geschichte des "Blasphemieparagrafen", § 166 StGB reicht bis in die Antike, als Herrscher sich noch den Göttern gleich stellten. Diese muffige Kontinuität der antik-mittelalterlichen Rechtsauffassung findet sich folgerichtig im königlich preussischen wie auch im kaiserlich reichsdeutschen Strafgesetz wieder.
Kein Wunder, dass auch die Weimarer Republik nicht darüber hinweg kam. Die glücklich überwundene DDR hatte damit zwar nichts am Hut, aber die alte Sehnsucht nach dem Mittelalter wurde ja ab 1990 auch hier wieder gestillt.
"Noch 2006 forderten Markus Söder, der damalige CSU-Generalsekretär, ebenso wie Edmund Stoiber, eine Verschärfung des Paragraphen." [Wikipedia]
In Folge des Anschlags auf Charlie Hebdo im Januar 2015 sprachen sich unter anderen Christian Lindner und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für eine Abschaffung des Paragraphen aus, während Vertreter von CDU und SPD seinen Bestand verteidigten.[Wikipedia].
Noch bis 17. Februar 2015 läuft nun folgende Aktion, an der man sich beteiligen kann - oder man lässt es eben weiter so laufen ...
Wer noch nicht dort war, bitte mal erledigen und weiterverbreiten (läuft nur noch bisPetition 56759
Besonderer Teil des Strafgesetzbuches - Streichung des § 166 Strafgesetzbuch (Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen) vom 08.01.2015
Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Strafvorschrift über Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen ersatzlos gestrichen wird.
Begründung
Nach § 166 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. In der Praxis hat dieser Paragraph zu einer völligen Verkehrung des Täter-Opfer-Verhältnisses geführt, in deren Folge namhafte Künstler wie Kurt Tucholsky oder George Grosz gemaßregelt wurden. Dabei wurde der öffentliche Friede niemals durch kritische Kunst bedroht, sondern durch religiöse oder politische Fanatiker, die nicht in der Lage waren, die künstlerische Infragestellung ihrer Weltanschauung rational zu verarbeiten.
Während aufgeklärte Gläubige keine Probleme mit satirischer Kunst haben und somit einen besonderen Glaubensschutz gar nicht benötigen, berufen sich religiöse Fundamentalisten seit Jahrzehnten immer wieder auf § 166 StGB, um die Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit einzuschränken. Die hier zum Vorschein kommende Kritikunfähigkeit sollte vom Gesetzgeber nicht zusätzlich befördert werden. Borniertheit, Intoleranz und Humorlosigkeit sind keine Rechtsgüter, die unter Schutz gestellt werden sollten. Vielmehr sollte der Staat den Freiraum für kritische und vor allem satirische Kunst erweitern und Künstlerinnen und Künstler in ihrer wichtigen kulturellen Aufgabe bestärken, althergebrachte Sichtweisen gegen den Strich zu bürsten.
Mit der Streichung von § 166 StGB käme der deutsche Staat auch einer wichtigen Forderung des UN-Menschenrechtskomitees nach. Dieses erklärte nämlich 2011, dass „Verbote von Darstellungen mangelnden Respekts vor einer Religion oder anderen Glaubenssystemen, einschließlich Blasphemiegesetzen, mit dem Vertrag [gemeint ist der „Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte“, ICCPR] inkompatibel“ seien [Human Rights Committee: General comment No. 34, CCPR/C/GC/34, §48].
Nicht zuletzt wäre die überfällige Abschaffung des „mittelalterlichen Diktaturparagraphen“ (Kurt Tucholsky) auch eine angemessene rechtsstaatliche Reaktion auf die Einschüchterungsversuche militanter Islamisten („Karikaturenstreit“ von 2006, Attentat auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ vom Januar 2015). Denn mit einer ersatzlosen Streichung von § 166 StGB würde der Gesetzgeber unmissverständlich klarstellen, dass der Freiheit der Kunst in einer modernen offenen Gesellschaft höheres Gewicht beizumessen ist als den „verletzten Gefühlen“ religiöser Fundamentalisten.
17.2.!):
https://epetitionen.bundestag.
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