Karel Capek - Die Weiße Krankheit - 1937
„Die weiße Krankheit“ macht Paradoxien der Pandemie sichtbar: Während
jede Erkrankung individuell ist, deutet die massenhafte Infektion
auf eine Kollektivität hin und betrifft schließlich die gesamte
Gesellschaft. ""In Čapeks Stück kann die Pandemie von der Regierung in dem Moment nicht mehr heruntergespielt werden, als sich die Machtvertreter infizieren. Nach der Erkrankung eines Waffenmagnaten treffen der Arzt Galén und der Diktator in einem Streit aufeinander: Der eine spricht im Namen der Weltgemeinschaft, der andere inszeniert sich als Sprecher seiner Nation. Während die unversöhnlichen Parteien Medizin und Politik verwechseln, nimmt sich der infizierte Fabrikant das Leben."
"Wo die Politik den Menschen zur Kategorie einer gesellschaftlichen Ordnung macht, erinnert die Krankheit das Zoon politikon an seine Leiblichkeit. Bei Čapek erreicht die Spannung ihren Höhepunkt, als sich der Diktator selbst ansteckt – derjenige, der sich davor furchtlos gezeigt und eine Gefahr für sich selbst ausgeschlossen hatte."
"„Die weiße Krankheit“ ist eine scharfsinnige Parabel über eine
mehrfach gestörte Balance zwischen Individualität und
Gemeinschaftlichkeit sowie zwischen dem Körper und der sozialen und
politischen Ordnung. Im Laufe des Stücks werden Einzelmenschen mit
einer Pandemie im Lichte von sozialen, ökonomischen, politischen und
emotionalen Zugehörigkeiten konfrontiert. "